Ich kann mir kaum vorstellen, dass es jemanden gibt, der sagen kann, er habe nie Angst.
Oftmals sind uns unsere Ängste allerdings gar nicht so bewusst.
Teils ist das gut, denn dann machen wir uns keine unnötigen Gedanken darüber. Teils ist uns damit aber auch gar nicht klar, wie wir so ganz unbewusst von kleinen schwarzen Monstern aus der Tiefe heraus gesteuert werden. Manchmal verstecken sie sich hinter Ärger, manchmal hinter Trauer…manchmal sogar hinter so ner ganz harten Schale oder Arroganz.
Und wenn ich dich als Ärztin anspreche, bin ich sicher, dass nicht nur du selbst Ängste hast, egal ob privat oder im Beruf, sondern dass du wahrscheinlich auch tagtäglich mit den Ängsten deiner PatientInnen konfrontiert wirst. Wie gut kannst du damit umgehen? Erkennst du ihre Ängste und gehst darauf ein?
Angst gehört zum Leben dazu wie die Butter aufs Brot.
Ihr Sinn: Sie soll uns schützen.
Blöderweise gibt es einen Haken:
Entwicklungsgeschichtlich, hatte unsere Angstreaktion den Sinn, uns bei Gefahr für Angriff, Flucht oder Starre vorzubereiten. (Also angenommen, der berühmte Säbelzahntiger taucht plötzlich vor dir auf.) Das läuft schon bei Reptilien ähnlich ab. Nur hat sich seit seiner Entwicklung vor ungefähr 500 Millionen Jahren unsere Umwelt ganz leicht verändert- vor allem in den letzten 100 Jahren…
Blöderweise konnte unser Gehirn bei dieser rasanten Entwicklung von Medien und technischem Krams nicht Schritt halten.
Um uns herum wimmelt es nur so von Reizen, die mal mehr, mal weniger bedrohlich auf uns wirken. Wir wissen so viel mehr als früher. Das ist nur nicht immer von Vorteil, denn wir können demnach auch so viel mehr potentielle -teils absolut unsinnige- Zusammenhänge konstruieren.
Die Folge: Wir reagieren immer noch mit einer körperlichen Angstreaktion, auch wenn die Gefahr Hunderte von Kilometern entfernt und nur potentiell besteht. Unser Gehirn unterscheidet dabei nicht, ob es sich um eine reelle, akut bestehende Gefahr oder eine selbstgebaute Phantasie handelt.
Und ich rede hier beileibe nicht (nur) von Angststörungen, also von krankhafter (pathologischer) Angst.
Ich rede von den Ängsten, die dir und mir tagtäglich begegnen und uns das Leben ganz schön schwer machen können.
Ängste führen dazu, dass wir Entscheidungen treffen, die für uns nicht am besten, sondern am wenigsten gefährlich sind. Ein sehr, sehr häufig auftretendes Beispiel ist dabei die Angst vor Scham oder Verlust von Anerkennung. Daraus entwickeln wir so mäßig sinnvolle Verhaltensweisen wie Perfektionismus, trauen uns nicht, „nein“ zu sagen, sind schüchtern, haben Rede-, Präsentations– oder Prüfungsangst.
Ängste halten uns davor ab, aus Komfortzonen zu gehen, um uns weiterzuentwickeln.
Ängste hindern uns oft, uns leicht und frei zu fühlen.
Ängste behindern unsere Kreativität.
Ängste bringen uns dazu, in schlechten Verbindungen oder Situationen zu verharren.
Ängste bringen uns dazu, Sachen zu tun, die wir gar nicht wirklich wollen. Beispiel ist die FOMO (fear of missing out). Der Begriff beschreibt die Angst, etwas zu verpassen. Das Ergebnis ist ein Mensch mit einem übervollen Terminplan, der von Event zu Event, von Kinofilm zu Party hetzt und über Zeitmangel klagt.
Ängste sind Stress…und Stress macht auf Dauer krank.
Und auch dann wirst du ihnen als Ärztin wieder begegnen. Es ist also an der Zeit, dass du dich – egal ob kleiner oder großer Angsthase- ein bisschen mit der Angst beschäftigst.
Hier habe ich 30 Punkte zusammengetragen, die für dich wichtig sein könnten:
Viele Ängste in der Schwangerschaft können zu Veränderungen im Gehirn des Ungeborenen führen und in der Folge das Auftreten von Krankheiten fördern.
Steckst du in einer akuten Angst, ist die Leistung deines Denkhirnes (präfrontaler Kortex) reduziert. Du kannst folglich nicht mehr konzentriert und klar denken.
Der Gegenspieler zu Angstgedanken ist das Gefühl von Sicherheit und Entspannung. In das kannst du dich willkürlich hinversetzen, wenn du dich intensiv an eine solche Situation erinnerst.
In einer akuten Angstsituation wird dein Körper auf Angriff, Flucht oder Starre vorbereitet. Herzschlag und Blutdruck steigen, die Atmung nimmt zu, die Muskulatur wird mit Energie versorgt…
Im Rahmen der Epigenetik-Forschung wird untersucht, was alles Einflüsse auf das An- und Abschalten von Genen hat. Das gilt auch für Gene, die für die Ausprägung von Angst zuständig sind. So ist es wahrscheinlich möglich, dass Erfahrungen mit Angst über Generationen hinweg vererbt werden können.
Man unterscheidet psychische Störungen, bei denen Angst eine zentrale Rolle spielt:
Panikstörung (wiederkehrende schwere Angstanfällen mit heftigen körperlichen und psychischen Symptomen) mit oder ohne Agoraphobie (Platzangst)
Generalisierte Angststörung (anhaltende Sorgen oder Ängste, die viele Lebensbereiche umfassen und nicht auf bestimmte Situationen beschränkt sind)
Soziale Angststörung (Eine soziale Phobie ist eine extreme Form der Schüchternheit. Menschen mit einer Sozialphobie haben in Situationen Angst, in denen sie sich von ihren Mitmenschen kritisch betrachtet oder beobachtet fühlen)
Spezifische Phobien (Furcht durch einzelne Objekte oder Situationen hervorgerufen, die in der Regel ungefährlich sind)
Ängste gehen nicht von heute auf morgen weg, aber Schritt für Schritt sind Veränderungen möglich, wenn du ins Tun kommst.
Bei akuter Angst bewirkt der gesprochene oder gedachte Satz „Ich habe gerade Angst.“ bereits eine Reduktion der Angst.
Wie du siehst, gibt es über die Angst nicht nur viel zu wissen, sondern auch viel dagegen zu tun.
Manchmal steckst du vielleicht trotzdem fest. Es ist zwar nichts Pathologisches, aber trotzdem hindert es deine Zufriedenheit oder dein Weiterkommen.
Benötigst du dabei Hilfe, vor allem, wenn du glaubst, es könnte etwas mit deiner Vergangenheit, vielleicht auch mit deiner Ursprungsfamilie zu tun haben, dann melde dich gerne zu einem 1:1-Coaching bei mir.
Gerne bin ich auch bei anderen Themen für dich da, die dir im Weg stehen, auch ganz unabhängig von der Angst.
❤️ Deine Susanne
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