Gesundheitssystem,
wach auf!

Als ich 1993 Abi gemacht habe, wurde mir bei der Berufsberatung vom Medizinstudium abgeraten, da es eine Ärzteschwemme gab. (Ich habe es trotzdem gemacht.)

Als ich nach der Geburt meines ersten Kindes aus der Schweiz zurück nach Deutschland kam und dort eine Teilzeitstelle gesucht habe, habe ich 52 Bewerbungen geschrieben und eine einzige (!) Einladung zu einem Vorstellungsgespräch bekommen.

Fast 30 Jahre später hat sich das Blatt komplett gedreht. Es fehlt an allen Ecken und Enden.

Eingestellt wird als Arzt jeder, egal wie gut, egal wie motiviert, egal mit welchen Werten…

Was bleibt auch groß übrig, irgendwie muss die Arbeit ja getan werden. (Das gilt natürlich beileibe nicht nur für Ärzte, ich könnte mit allen Mitarbeitern im Gesundheitswesen weitermachen)

Was mir aber völlig unverständlich ist, warum agieren die meisten Träger, die Verwaltung und die ärztlichen Führungskräfte genauso wie vor 30 Jahren?

Ich kann nicht erkennen, dass sie schon bemerkt haben, dass die Ärzte nicht mehr vor der Tür Schlange stehen. Hat keiner erkannt, dass es nicht mehr darum geht, Ärzte schnell durch den nächsten zu ersetzen, sondern dass es jetzt notwendig ist, Ärzte

• zu entwickeln
• zu motivieren
• zu unterstützen, mit Freude zu arbeiten
• zu stärken
• gesund zu halten

und wertzuschätzen,

damit sie bleiben????

Ich habe über 20 Jahre als Anästhesistin und Notärztin gearbeitet. Momentan bin ich selbstständig als ÄrztInnen-Coach, bin mit der Medizin aber noch nicht fertig…

An welcher Stelle werden ökonomische Gesichtspunkte mit den Bedürfnissen einer guten ärztlichen Tätigkeit konstruktiv zusammengeführt und gemeinsame Lösungen gesucht?

Wo wird eine zuverlässige Kinderbetreuung angeboten, damit die vielen Mitarbeiter mit Kindern entspannt ihrer Tätigkeit nachgehen können?

Wo gibt es Bemühungen, flexiblere Zeitmodelle zu entwickeln, damit bei einer steigenden Prozentzahl von Ärztinnen Frauen (und natürlich auch Männern) mit Kindern die Möglichkeit gegeben wird, ihren Beruf auch wirklich auszuüben?

Medizinische Fortbildungen gehören zum Standard. Aber was ist mit regelmäßiger Teambildung, Konfliktlösung oder Kommunikationstrainings? Wer unterstützt Ärzte, die beginnende Überlastung oder Erschöpfung zeigen?

Betriebliche Gesundheitsförderung wird angeboten in Form von Kursen, nur wer fragt die Mitarbeiter nach den wirklichen Bedürfnissen? Wo wird erst geschaut, wie Stress reduziert wird, bevor ein zusätzliches Angebot für die Freizeit gemacht wird?

Im Profi-Sport, in der Luftfahrt, in Unternehmen sind Mentaltraining und Coaching inzwischen unverzichtbar.

Ärzte, die emotional hoch beansprucht sind und eine enorm verantwortungsvolle Tätigkeit ausüben, benötigen dahingehend anscheinend keine Unterstützung.

Ich liebe es, ÄrztInnen zu dabei zu unterstützen, wieder mit Freude und Leichtigkeit, ihren Beruf auszuüben und authentisch führen zu können. Ich liebe aber auch, selbst als Ärztin zu walten und zu wirken.

Wo wird wirkliche Fürsorge für die Mitarbeiter betrieben?

Und vor allem anderen: warum ist es so unglaublich schwierig, die Mitarbeiter wertzuschätzen?

Wo sind die innovativen Menschen, die wirklich anfangen zu verändern, die den Mut haben, voranzugehen und etwas Neues zu entwickeln? Von oben und von unten?

Mir scheint, alle ticken wie vor 30 Jahren.

„Es war schon immer so.“

„Wir mussten da auch durch.“

„Die Jungen halten halt nichts mehr aus.“

„Die Medizin ist verweiblicht.“ (Was auch immer das bedeuten mag).

Armes Gesundheitssystem. Mich macht das traurig.

Der ärztliche Beruf ist wunderbar,

– wenn die Arbeit nicht konträr zu den eigenen Werten steht

– wenn Luft zum Atmen bleibt

– wenn Freude zur Motivation führt

– wenn der Arzt gesund ist

…und dann bleiben die Ärzte auch da und gehen nicht aus dem Land, aus der Klinik, aus der Medizin.

Suchst du Unterstützung, um wieder mit Freude und Leichtigkeit, deinen Traumberuf zu leben?
Möchtest du lernen, souverän und authentisch dein Team zu führen?

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Herzliche Grüße, deine Susanne

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