Angst im Job – ein Hindernis für ÄrztInnen?
Jeder hat Angst…und glaube niemandem, der dir etwas anderes erzählt.
ÄrztInnen haben Angst.
Ich habe in meiner Karriere mehrfach die Stelle und auch den Fachbereich gewechselt und mit zunehmender Erfahrung natürlich auch nach und nach mehr Verantwortung übernommen.
Jedes Mal, wenn wieder der erste Nachtdienst in der neuen Position angestanden ist, ist mir das Herz in die Hose gerutscht. Ich habe schon Tage vorher schlecht geschlafen und mir die buntesten Phantasien zusammengebaut, was für unlösbare Situationen auf mich zukommen könnten. Je näher die Stunde herangerückt ist, desto mehr Platz hat der bekannte fiese Druck im Bauch eingenommen, als ob eine geballte Faust fest nach innen drücken würde. Immer wieder ist ein Gedanke aus dem Nichts aufgetaucht, gefolgt von dem Gefühl, dass mein Brustkorb eingeschnürt und von meinem Herzklopfen ausgefüllt ist.
Kurz zusammengefasst: Ich hatte Angst.
Abgesehen von diesen ersten Nachtdiensten kenne ich aber auch viele andere Situationen mit Angst:
Am schlimmsten war es eindeutig bei Famulaturen und im Praktischen Jahr. Hier habe ich tatsächlich oft die Strategie der Vermeidung genutzt. Ich weiß jetzt, wieviel ich dadurch verpasst und mir sozusagen selbst verbaut habe. In der Zeit ist meine persönliche wie fachliche Weiterentwicklung sehr überschaubar gewesen.
Später sind es die ersten Notarzteinsätze, die ersten größeren Narkosen, jeder neue Stellenantritt, die ersten Tage in einem neuen Fachbereich, Dienste mit einem – sagen wir – unfreundlichen Hintergrund, mein Beginn auf der Intensivstation…gewesen. Angst in vielen verschiedenen Facetten und Ausprägungen.
Ich könnte unzählige weitere Beispiele bringen.
Jetzt, nachdem ich mich so viel mit dem Thema „Angst“ auseinandergesetzt habe und sie kennen- und auch schätzen gelernt habe, weiß ich, dass vieles für mich hätte einfacher laufen können, viel einfacher. Hätte ich mit der Angst schon früher anders umgehen können, hätte ich vielleicht auch andere Entscheidungen getroffen – wer weiß, wie mein Weg dann ausgesehen hätte?!
Was wäre alles möglich gewesen?
Was habe ich verpasst?
Vielleicht wäre ich als Ärztin an vielen Stellen zufriedener und souveräner gewesen?
Diese Gedanken sind jetzt sehr philosophisch und auch in keiner Weise sinnvoll. Alle meine Erfahrungen haben ihren Sinn gehabt und mich zu dem Menschen gemacht, der ich jetzt bin… und den ich ganz gerne mag 😉
Ich weiß aber auch, dass ich mich glücklich schätzen darf, dass die Angst bei mir nie so ein großes Maß eingenommen hat, dass sie mich vollständig blockiert hat. Ich konnte den Weg gehen, den ich wollte. Es gab Stolpersteine, aber keine unüberwindbaren Hürden.
Vielleicht habe ich Glück, was meine Genetik oder Epigenetik bezüglich der Angst betrifft. Sicherlich hat dazu beigetragen, dass ich in meiner Kindheit keine so einschneidenden Erlebnisse hatte, die eine unüberwindbare Angst gebahnt hätten. Und wahrscheinlich kam mir immer zugute, dass ich mich schon immer viel selbst reflektiert habe und ein Bewusstsein für meine Emotionen hatte.
Jetzt – aus der Perspektive des Coaches – sehe ich leider oft ganz anderes. Andere Erfahrungen, andere Geschichten, andere Folgen.
Wunderbare ÄrztInnen verlassen ihren eingeschlagenen Weg – aus Angst.
Das Interessante daran ist, dass wir – die Betroffenen genau wie die Beobachter – die Angst in unglaublich viele Verkleidungen stecken und sie so vor uns und vor anderen zu verstecken versuchen. Ich möchte dir ein paar Beispiele nennen:
Eine Ärztin wird von den KollegInnen als „schwierig“ bezeichnet. Sie sichert sich bei erfahrenen Kollegen ständig ab, ruft überdurchschnittlich viel nach Hilfe, diskutiert viel und ackert sich durch Lehrbuch über Lehrbuch. Letztlich verlässt sie den angestrebten Fachbereich, nachdem ihr klar gemacht wird, dass sie von ihrer Persönlichkeit nicht dahin passt.
Eine Ärztin läuft grundsätzlich mit einem Rucksack voller Bücher über die Flure, um notfalls Dinge nachschlagen zu können. Von den KollegInnen wird sie dafür belächelt.
Eine Ärztin schließt ihren Facharzt nicht ab, weil sie sich vor einem Teil ihrer Ausbildung so sehr scheut. Sie verlässt die Klinik und geht einen ganz anderen Weg.
Eine Ärztin wird schwanger, um den gefühlt unüberwindbaren Herausforderungen entgehen zu können und kommt nicht mehr in den Arztberuf zurück.
Wir sehen viele ÄrztInnen, die die Klinik verlassen, vielleicht auch erst gar nicht antreten. Sie gehen andere Wege, verabschieden sich von der Schulmedizin. Sie orientieren sich um und machen etwas ganz anderes.
Ich möchte das nicht verallgemeinern, ich möchte niemandem Unrecht tun oder etwas unterstellen, was gar nicht da ist. Unser Gesundheitssystem bietet sicher extrem viele gute Gründe, es zu verlassen, auch ohne jegliche Angst als Ursache.
Ich befürchte jedoch, dass bei nicht wenigen der Grund nicht (nur) ein „Hin zu“ zu etwas Besserem, Erfüllenderem ist, sondern dass es auch ein starkes „weg von“ von der Angst bedeutet.
Auch hier können wir jetzt wieder philosophieren, ob der Abschied aus der Medizin, der neue Weg nun eine gute Lösung ist oder nicht. Wir alle sind viel zu individuell, um hier etwas zu verallgemeinern. Und ich bin sicher, dass es Ärztinnen gibt, die der Angst ausgewichen sind und auf ihrem alternativen Weg Zufriedenheit gefunden haben.
Ich sehe allerdings zwei Gefahren, wenn die Angst zu Entscheidungen führt:
- Eine Vermeidung der Angst führt nie dazu, dass die Angst besser wird. Sie wird sich immer wieder zeigen, möglicherweise auch in einem anderen Kontext. Das Verflixte daran ist ja, dass wir oft gar nicht wissen, was wirklich dahintersteckt.Nehmen wir als Beispiel die „schwierige“ Ärztin und die mit den vielen Büchern. Bei beiden können wir eine Angst vor Fehlern, eine Versagensangst und auch eine Angst vor Scham / Verlust von Anerkennung vermuten.Vielleicht ist die Gefahr von Fehlern in einem anderen Bereich nicht so groß. Aber angenommen, sie entscheiden sich für eine Selbstständigkeit. Was wird aus der Angst vor Versagen, vor Verlust der Anerkennung? Diese Ängste werden wieder auftauchen und können hier ganze Mauern in den Weg stellen.
- Was ist der eigentliche Herzensweg? Was ist das wirkliche Warum?
Um DEINEN Weg zu erkennen, um den Weg zu finden, der dich wirklich glücklich macht, ist es wichtig zu erkennen, wo die Angst steckt. Steht die Angst im Weg und bringt dich von deinem Herzensweg ab? Ist die Alternative nur eine Flucht oder eine Ausrede?Findest du Gründe, etwas anderes „Besseres“ zu tun, nur um zu entfliehen und dich nicht stellen zu müssen?Ich glaube, wenn wir wirklich zufrieden sein möchten, egal ob mit unserem Job, mit unserer Partnerschaft, mit unserem Leben, müssen wir prüfen, wo Ängste uns davon abhalten, unseren Weg zu gehen. Wir dürfen uns entscheiden, ob wir davor weglaufen oder ob wir lernen, mit der Angst umzugehen.
Angst ist nichts Schlechtes. Angst schützt uns. Nur manchmal ist ihre Strategie dafür ungünstig.
Es gibt so viele Wege, sich der Angst zu nähern, ihre Energie für dich selbst zu nutzen. Es gibt so viele Möglichkeiten, sie zu umarmen oder loszulassen.
Prüfe für dich und sei dabei ehrlich zu dir selbst:
Entscheidest du aus Liebe oder aus Angst?
Gehe DEINEN Herzensweg in der Medizin! Dafür bist du da. Lass dich nicht durch die Angst davon abbringen!
Lass dir von der Angst nicht die Freude daran verderben!
Mach dein Herz frei!
Lebe! Liebe! Helfe!
Merkst du, dass dir deine Angst im Weg steht und du Unterstützung brauchst?
Dann melde dich gerne zu einem 1:1-Coaching.
Sei die Ärztin oder der Arzt, die/der du immer sein wolltest!
❤️ Deine Susanne
Du hats das so ehrlich und nachvollviehbar geschrieben.
Danke sehr
Enisa
Herzlichen Dank für deine Rückmeldung, liebe Enisa. Ich freue mich, wenn du etwas für dich mitnehmen kannst.