Bescheidenheit und Demut: verlorene Tugenden?
Ich hatte gestern einen sehr entspannten Tag und wieder einmal folgt darauf ein Ideensprühregen…
Und eine der vielen Gedanken, die mich heute überkommen haben, machen mich ein bisschen schwermütig. Und ich möchte sie gerne mit euch teilen.

Bescheidenheit und Demut

Ich möchte mit diesem Thema niemanden an den Pranger stellen. Ich möchte damit auch nicht werten.
Wie du weißt, beschäftige ich mich mit persönlicher Weiterentwicklung und Medizin. Aktuell sprießen die Coaches wie Pilze aus dem Boden. Das ist auch gut so, denn ich glaube, es gab kaum eine Zeit, in der Psychologen oder „Denkanstößer“ mehr gebraucht wurden als jetzt. Viele Menschen sind gefangen in Ängsten und Überzeugungen und tun sich schwer, mit Schwierigkeiten oder Schicksalsschlägen umzugehen. Unsere mediale Welt sorgt für viel Anlass, Vergleiche mit anderen anzustellen und damit Neid und Eifersucht zu fördern.
Ich bekomme viel Input von anderen Coaches, ich selbst begebe mich in Coaching-Prozesse und in den sozialen Medien werde ich regelrecht überflutet von Angeboten. Ich lerne sehr viel dabei und entwickle mich mit Hilfe und Inspiration vieler toller Menschen tagtäglich weiter.
Und doch fällt mir eines auf. Der Grundtenor ist in ganz vielen Fällen die Richtung zu mehr Erfolg, mehr Wohlstand und daraus folgend mehr Glück.
Ich gebe offen zu, dass das auch genau meine Ziele beinhaltet – wobei ich eine bedingungslose Grundzufriedenheit auf jeden Fall noch mit reinnehmen möchte. Gerade beim Thema Geld, möchte auch ich mich frei machen von den alten Glaubenssätzen wie „Geld stinkt“ oder „Reichtum verdirbt den Charakter“, um damit den Weg frei für eine gute finanzielle Absicherung zu machen.

Was ich mich jetzt aber frage:

Was ist aus den Tugenden der Bescheidenheit und Demut geworden?

Sind sie überholt?
Davon höre und lese ich überhaupt nichts mehr.
Brauchen wir sie nicht mehr?
Und ich gehe noch weiter:
Was möchte uns Corona diesbezüglich lehren?
Wenn wir davon ausgehen, dass es in irgendeiner Form eine höhere Instanz gibt, dass wir bestimmte Lebensaufgaben meistern sollen und dass wir in unserem Leben etwas lernen sollen.
Was lehrt uns dann Corona?
Ist es nicht vielleicht genau das?
Dass wir Bescheidenheit und Demut nicht vergessen sollen?
Die Demut vor dem eigenen Leben und dem Leben anderer?
Eine Form von Bescheidenheit anstatt immer alles noch größer und toller haben zu wollen und an unserem Besitz zu klammern?
Geht es im Leben nicht auch darum, das anzunehmen, was ist, auch wenn es nicht immer schön ist?
Und gleichzeitig sind diese Fragen wieder gefärbt.
Ich sitze auf einem hohen Ross.
Mein Job ist gerade nicht durch die Corona-Einschränkungen gefährdet. Ja, ich bin genervt vom Homescooling und vermisse zunehmend die sozialen Kontakte, aber von Leid bin ich weit entfernt. Und ich stehe als Ärztin dem Erhalt von Leben sicher viel näher als anderen.
Steht es mir also zu, über Bescheidenheit und Demut zu sinnieren?
Bin ich selbst (ausreichend) bescheiden und demütig?
Ich werde diese Woche fasten. Weder um Schlacken loszuwerden (dafür hänge ich zu sehr am Wissen über Hungerstoffwechsel fest) noch um abzunehmen.
Nein, ich möchte Fasten, um Verzicht zu üben. Um mich wieder auf das zu besinnen, was ich alles schon habe.
Das hilft leider keinem anderen, besser durch diese Zeit zu kommen. Und ich glaube auch nicht, dass es etwas an meinen Lebenszielen ändern wird. Aber vielleicht lässt es wieder ein bisschen mehr Bescheidenheit und Demut in mein Leben kommen.
Wie stehst du dazu?
Brauchen wir Bescheidenheit und Demut? Oder sind es überholte Tugenden?

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